Mit-Täter

Veröffentlicht am 7. November 2024 um 10:30
Ich habe nichts getan.
Wer kennt diesen Spruch? "Ich habe doch gar nichts getan?" Es beschleicht einen das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Offensichtlich rechtfertigt sich hier jemand für etwas, was er nicht getan hat. Bei genauerer Betrachtung hat er auch nichts getan und das ist es:
 
Derjenige hat sich herausgehalten, hat keine Stellung bezogen, blieb stumm, schaute weg, ging weg. Und ließ damit das Opfer alleine. Entweder überließ er das Opfer sich selbst. Oder er überließ das Opfer dem Täter, der es misshandelte.
 
Die Misshandlung kann verbal sein, sie kann durch Handlungen sein, sexueller Missbrauch kann es auch sein. Es gibt hier viele Variationen. Sie finden alle in einer Gruppe statt. Diese Gruppe besteht aus mindestens drei Personen: dem Täter, das Opfer, dem Mit-Täter. Auf solchem Terrain kann viel Böses geschehen.
 
Gibt es nur einen Menschen, der hinschaut, der den Täter entlarvt und ihn zur Rede stellt oder bremst, dann gibt es kein Opfer. Mit-Täter gibt es ganz verborgen in den Familien. Wie viele Mütter, Väter, Oma´s oder Opa´s, Tanten, Onkel oder Cousin´s schauen weg, hören weg, wenn ein Familienmitglied ein anderes diffamiert, bloß stellt, es bedrängt oder sonstwie herabwürdigend behandelt? Mit-Täter gibt es in den Betrieben durch alle Hierarchien und Ebenen hindurch.
 
Diese Menschen verbergen ihre Schwachheit, indem sie dominant auftreten. Nach außen hin wirken sie durchaus stark. Doch innen drin, wenn es darauf ankommt, brechen sie zusammen, ziehen sich zurück. Das wäre die optimale Version. In der Wirklichkeit fangen sie dann an laut zu werden. Sie stänkern und demütigen. Ihre Worte verletzen absichtlich, damit sie in Ruhe gelassen werden. Diese Phase gilt es zu überstehen mit viel "Gott-Vertrauen".
 
Es kann sein, dass diese Personen selbst traumatisiert und deswegen erstarrt und handlungsunfähig geworden sind während ihres Lebens. Diese Erklärung nützt einem Opfer recht wenig, denn dadurch geht das Elend für es weiter mit der Dominanz der Unterdrücker wächst und gedeiht weiter.
 
Ein Täter, wie wir ihn uns vorstellen, ist angreifbar. Er zeigt seinen Spott oder Taten öffentlich.
Ein Mit-Täter ist ein Gefangener von sich selbst. Er will unsichtbar und unerkannt bleiben.
Er fühlt sich als Opfer und bemerkt gar nicht, was durch sein Nicht-Tun alles Schlimme entstanden ist. Er hat panische Angst Stellung zu beziehen und einem Opfer beizustehen, ganz besonders in der Gegenwart des Täters. Er denkt, dass er dann zum Täter werde. Das ist ein Trugschluss.
 
Dem wahren Täter muss man entgegentreten.
Dem Opfer muss öffentlich beigestanden werden.
Der Täter muss als solcher benannt werden.
 
Mit-Täter zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie den Täter nachahmen und so auch noch auf das Opfer "einschlagen". Mit-Täter kann es viele geben.
 
Schaue ich nun wieder auf eine Familie und ihre Mit-Täter kann es zu einem Durcheinander kommen. Ist doch ein Kind auf die Fürsorge seiner Eltern angewiesen. Ist nun einer in der Familie zum Täter geworden und ein anderer zum Mit-Täter, zieht das eine üble Spur nach sich. 
 
Das Opfer wird überall, egal wohin es kommt, sogleich als solches unbewusst erkannt (wahrgenommen) und ebenso ähnlich wie daheim behandelt. Ein Einziger, der den Mut hat, dem Täter die Schranken zu weisen, hilft diesen Kreislauf zu durchbrechen.
 
Ich würde mir wünschen, dass es mehr Menschen gibt, die den Mut haben, anscheinend zum Täter zu werden und Stellung zu beziehen. Das gilt überall, in Familien, in Unternehmen, in Vereinen, überall, wo sich Menschen zusammenfinden gibt es diese Muster.
 
Mut und Courage sich mit dem Opfer auszutauschen und zusammenzutun, beendet das Leiden. Dann ist wahrer Frieden im Zusammenleben möglich. Alles andere dient einzig dem Schein: "Wir haben etwas getan."
 
Was nützen Gespräche der Klärung, wenn Täter und Mit-Täter unerkannt bleiben? Wenn ihnen geglaubt wird: "Ich habe nichts gewusst / getan /gehört / gesehen?" Dann geht die Spirale der Gewalt weiter.
 
Nach all dem, was ich gerade geschrieben habe, sind die Mit-Täter die viel schlimmeren:
Weil sie nicht wissen was sie tun und auch noch fest daran glauben und diese Glaubwürdigkeit auch noch entsprechend nach außen hin vermitteln.
Weil sie Angst haben selbst zum Opfer zu werden, sobald sie für das Opfer Stellung beziehen.
 
Sie gilt es zu enttarnen und entlarven, oder ihnen bewusst zu machen, was durch sie geschieht (sofern das überhaupt möglich ist).
 
Mit-Täter sagen auch: "Das geht mich nichts an." "Da halte ich mich lieber heraus." Sie bleiben, anstatt, dass sie weggehen. Neugierig sind sie schon. Dabei sein wollen sie auch und das Ganze "hautnah" erleben.
 
Für ein Opfer wird dadurch alles noch schlimmer. Der Haupt-Täter fühlt sich in seinem Tun bestätigt. Er macht weiter.
 
Der Schamane schaut hin. Er schaut genau hin. Genau dorthin, wo es gerade hilft wieder zu sich selbst zu gelangen, bei sich drinnen anzukommen. Den Mit-Tätern ihre Tat lassen. Hört sich einfach an, ist es aber nicht!
 
Es braucht Konsequenz hier, ein konsequentes Handeln und Sprechen. Damit lässt sich dieser Mechanismus durchbrechen. Aussteigen aus der Spirale der Gewalt, ja es geht hier um Gewalt!, ist möglich. Schamanisches Couching dessen, was im Unsichtbaren das Opfer beeinflusst und zum Opfer macht, macht frei davon und lässt von diesen Muster weggehen.
27.Februar2015, co Mia Michaela Aust

 

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