Vererbte Traumata

Veröffentlicht am 12. August 2025 um 11:39

Trauma durch die Religion - vererbt von den Vorfahren.

Es war einmal eine Familie. Sie bestand aus Papa, Mama und vielen Kindern. Der Kindersegen war reichlich gewährt worden. Beide Großmütter lebten in entfernten Orten. Onkel und Tanten ebenso.

Nun war es aber so gekommen, dass diese junge Familie wenig eigene Mittel hatte und sich mit engem Wohnraum zufrieden geben musste. Das Kindergeschreie hörte gar nicht auf. Die Frau und Mutter hatte nur mehr Augen für den Nachwuchs, denn dieser wollte versorgt sein. Essen, schlafen, Windeln wechseln, waschen, kochen und auch noch für den Ehemann da sein, wuchsen ihr über den Kopf. Sie war jedoch eine treue Seele von Mutter und tat dennoch, was in ihrer Macht stand. So gut es ging, konnte sie den Haushalt organisieren. Ihre Mutter unterstütze sie ab und zu mit Lebensmitteln. Aus Dank half sie mit ihren Kindern in der Landwirtschaft auf dem Feld. Säen, pflügen, ernten der Früchte und des Grases kamen hinzu.

Als der Mann spätabends nach Hause kam, war die Wohnung leer. Völlig allleine fühlte er sich dort. Also fuhr er mit seinem Moped zur Schwiegermutter und fand dort seine Frau. Es kann schon sein, dass neben einem Ärger sich die Eifersucht in ihm ausbreitete. Seine Familie, die er sich immer so sehr gewünscht hatte, war nur selten zu Hause anwesend. Da hätte er auch alleine bleiben können. Seine Frau und er hatten sich einmal so gerne gehabt und geliebt. Wo war all das geblieben? Er wünschte sich seine Frau so sehr zurück. Was er statt dessen bekam, war ein weiteres Kind. Er wurde sehr betrübt. Der Haussegen hing schief.

Als Mann fühlte er sich gedemütigt. Er fühlte etwas in sich, das er nicht benennen konnte. Diese Sehnsucht versuchte er zu stillen, indem er sich seine Ehefrau nahm und von ihr den christlichen Schwur zu erfüllen. Der handelte darum, dass eine Frau dem Mann untertan ist und ihm zu folgen hat,. Sex wurde zur Pflicht. Die Pflicht der verheirateten Ehefrau zu erfüllen kam die religiös geprägte Frau nach. Verhütungsmittel gab es damals nicht. Der Ärger muss wohl die Gier nach Sex angestachelt haben. Der Gier nach den sexuellen Pflichten ordnete sich die Frau unter und gehorchte dem, was sie gelernt hatte. Damals war diese Haltung üblich und in den Familien gang und gäbe ganz normal verbreitet gewesen.

Aus heutiger Sicht lässt sich sagen, dass diese beiden Eheleute durch die religiöse Prägung sich selbst gegenseitig traumatisiert hatten.

Der Mann war traumatisiert worden durch seine gewaltsamen Inbesitznahmen der Ehefrau, die damit seine sexuellen Begierden stillen musste. Er hatte es selbst gemerkt, dass da was nicht stimmt und konnte sich diesem Trieb nicht widersetzen. Schließlich wurde von ihm von der Religion sogar gefordert, dass dies einen Mann tun dürfe und zu den Eigenschaften eines Mannes gehört, seine Frau untertan zu machen.

Dieses Agieren hatte weitere Spuren in seiner Seele hinterlassen. Er suchte dem Zuhause zu entkommen, indem er ab und zu nach Feierabend zuerst in die Kneipe ging. Von dort kam er spätnachts zurück, wenn alle schliefen und alle daheim anwesend waren. Er war zu Hause. Er war zusammen mit seiner Familie. Sie waren alle da. Keiner war weg. Er war nicht allein. Leider war das ein Irrdenken. Denn der Mann war weiterhin alleine. Er trug in sich das Gefühl alleine zu sein, alleine gelassen zu sein, in sich. Was er auch tat, wie sehr er sich anstrengte, wahrgenommen zu werden, es lief bei ihm ins Leere. Das Gute erreichte ihn, ja. Jedoch nur äußerlich. Der innere Frieden fehlte weiterhin.

Die Frau war traumatisiert worden durch die Pflichterfüllung als gute Ehefrau. Sie war, ebenso wie ihr Mann, traumatisiert worden durch die vielen Kinder, die sich im Laufe der Jahre einstellten. Da gab es keine schöne Partnerschaft mehr, so wie sie einst mit ihrem Mann geträumt hatte. Enge, Armut, sich Kümmern um andere, waren zu einer Last geworden. Die Belastungen nahmen erst ein Ende, als sie Unterleibskrebs bekam und sie danach keine Kinder mehr bekommen konnte. Leider spielte das Schicksal ihr dann übel mit und nahm ihr ihren Mann weg. Er verunglückte tötlich. Da war sie Anfang 40 gewesen. Und ganz alleine mit den sieben Kindern und kein eigenes Geld zur Verfügung.

Die Kinder hatten als nächste Generationen diese Traumata direkt erlebt. Sie waren mitten drin dabei. Bei ihnen zeigten sich verschiedene Wirkungen. Die männlichen Kinder fanden nur schwer Zugang zu Frauen. Von sexuellen Aktivitäten hielten sie sich zurück. Die weiblichen Kinder meinten über ihre Sexualität selbst bestimmen zu können. Einige der weiblichen Nachkommen boten sich auf vulgäre Weise mit Freizügigkeit dem Manne an. Andere wirkten nach außen hin bieder und kamen daheim, wie einst die Mama, oder die Oma, den Bedürfnissen des Mannes nach.

In jeder weiteren Generation kamen neue traumatische Folgeerscheinungen hinzu. Es wird von Homosexualität gemunkelt. Andere sind sexuell zu freizügig und wechseln die Männer wie die Hemden.

Vererbte Traumata wollen erstmal entdeckt, gefunden und erkannt werden. Gerade der Bereich der Partnerschaft der Eltern ist ein Tabubereich. Darüber spricht man nicht. Man denkt noch nicht einmal darüber nach, wie es wirklich gewesen war. Die Eltern haben einen Heiligenschein und stehen auf dem Thron der Göttlichkeit. Und an Göttern wird nicht gezweifelt. Götter sind da angebetet zu werden. Götter sind da ihre Befehle zu erfüllen.

Traurig oder?

Dieses, was ich oben skizziert habe, ist mir zufällig im Gespräch mit einem Betroffenen erstmals in den Sinn gekommen. Es gab einen Auslöser, bei dem ich mich an frühere Gespräche erinnerte und begann eine Schwester zu verteidigen. Sie war mit ihren Kindern von ihrer Mama im Stich gelassen worden, als sie arbeiten gehen wollte. Diese Mama ist die oben beschriebene Frau. Sie hatte nur noch Augen für ihre eine Enkelin und dass deren Mutter ihr eigenes Geld verdiente. Dass es ein weiteres Kind gab, das Geld zum Leben brauchte, dafür war sie nicht erreichbar gewesen. Diese Schwester hat heute nur eine kleine Rente und kann gerade so davon leben.

Enkel wurden geboren. Eine Enkelin vernachlässigt ihre Kinder und hat ihre Augen nur für Männer offen. Aus der obigen Traumaerfahrung lässt sie sich nun neu anschauen. Sie hat zwar Kinder. Sie gehören zu einer Familie mit dazu. Aber sie fühlt sich ihnen nicht verpflichtet sich fürsorglich um sie zu kümmern. Essen, trinken, ein Bett reichen eben nicht, sich geborgen und heimelig zu fühlen. Gewünscht im Leben zu sein braucht Fürsorge, Dasein, sein Kind gern haben, Mitgefühl, und die Zuwendung mit einem liebenden Herzen.

Das vererbte Trauma zu erkennen ist eine Kunst. Es zieht sich jetzt schon in der dritten Generation dahin. Das Tabu zu brechen und auszusprechen, was man nicht denken möchte, braucht Mut und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es gibt manchmal solche Zeitfenster, die es ermöglichen hinter dem Schleier der Tarnungen zu schauen. Wer dies erkennt, kann sich glücklich schätzen. Denn nun ist es möglich Schritte zu unternehmen, die Traumata in sich selbst zu heilen. Die Traumata der religiösen Erziehung von Mann und Frau als Ehepaar und Eltern sind heute noch aktiv.

Packen wir es an.
co Michaela Aust

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