Von der Gnade

Veröffentlicht am 15. August 2024 um 11:19

Gnade.

Was ist Gnade? Meine Tante sprach immer davon. Sie suchte nach der Gnade des "Herrn". Sie wollte als gute Christin und Gläubige anerkannt sein. Dafür tat sie so einiges. Sie reiste gerne zu Heilgottesdiensten. Sie lud Gäste zu sich nach Hause ein und dort beteten sie gemeinsam zu Maria und Jesus. Ich glaube, sie sah in allen Menschen, dass ihnen Heilung gut tun würde.

Gnade als Akt der Befreiung

als Ergebnis von all den Sünden und Schandtaten, die wir getätigt haben. Das hört sich wie eine Art von Vergebung an, die anzustreben ist. Der himmlische Schöpfer möge uns vergeben und Gnade gewähren. Und dann? Was ist, wenn wir die Gnade erhalten haben? Wie bemerke ich dies? Diese Frage bleibt offen. Ich kann sie nicht beantworten.

Mir kommen Gedankenspiele in den Kopf: begnadigen, gnädig sein.

Jemanden gnädig sein,

heißt ihm zu vergeben. Seine Sünden und schlechten Taten, die derjenige uns angetan hat, sind ihm erlassen. Auf der Suche nach der eigenen Gnade bemerken wir gar nicht, wie sehr wir egoistisch geworden sind. Die eigene Wunschvorstellung steht an allererster Stelle. Im Denken gibt es gar keinen Raum, in dem darüber nachgedacht wird, einem anderen gnädig zu sein. Nun, ganz so stimmt das nicht. Denn im Denken meinen wir Missetaten vergeben zu können. Wir lieben und sind freundlich zu dem anderen. Wir zeigen eine zugewandte Seite. Der andere spürt die Ablehung im Untergrund. Zweierlei Informationen werden gesendet beim jemanden gnädig sein. Das Sichtbare und das Unsichtbare stimmen nicht überein. Denken ist so schön und funktioniert auch. Die Vergebung fühlen ist leider hier nicht dabei. Das ist auch ganz logisch, weil wir uns nur selbst vergeben können. Niemand anderes kann das für erledigen.

Begnadigen, begnadigt werden
Dieses Wortspiel hat einen tiefen Hintergrund. Sprach meine Tante von der Gnade, drehte sich mir immer der Magen rum. Ich konnte Gnade vom Geiste nicht erfassen. Ich fühlte einzig diese zuweilen abwehrenden Impulse in mir. Ich fragte mich, wieso es so wichtig sei, die Gnade Gottes zu erhalten. Sie gefragt habe ich nicht. Damals getraute ich mir nicht nachzufragen. Was die älteren Verwandten sagte, war damals für mich Gesetz. Keine Fragen stellen, denn das hätte Widerspruch bedeutet. Ich wollte zustimmend sein.

Meine schamanische Reise führte mich nach Rothenburg ob der Tauber in das Kriminalmuseum. Ausführlich befasste ich mich mit dem Mittelalter und den damaligen Altivitäten. Vor kurzem fiel das Wort Gnade in einem Gespräch. Da ratterte es in meinem Kopf. Es war eine Erleuchtung sozusagen, die stattfand. Gnade ist in mir mit begnadigen, begnadigt werden, verknüpft. Das bedeutet, dass es in mir ein Erleben gibt, aus der damaligen Zeitphase, in dem ich als Frau begandigt wurde und so vor der Bestrafung gerettet wurde.

Damals war´s gewesen.

Das Mittelalter brachte viel Schrecken zu den Menschen. Die Bestrafungsmaßnahmen wurden nach fixer Vorgabe angewandt. Ein Strafkatalog listete auf welche Vergehen wie verurteilt wurden. Daran konnte nur einer rütteln: Der ortsansässige Pfarrer. Die Priester kamen zu den Verurteilten und führten ein Gespräch mit ihnen. Oft konnte im letzten Moment, bevor das Henkerbeil fiel, befor die Schlaufe zugezogen wurde, bevor der Käfig ins Wasser gesenkt wurde, eine Begnadigung erzielt werden. Die Funktion des Priesters war es gewesen, herauszufinden, ob derjenige vor Gott, und mit mit Schwur und Eid auf die Bibel bereit war, Reue zu zeigen. Er konnte entscheiden, ob die Reue echt war oder in seinem Empfinden vorgespielt, also geheuchelt. War die Reue des Verurteilten in seinen Augen ehrlich, wurde die Bestrafungsmaßnahme beendet. Derjenige war wieder frei. Frei geworden durch Begnadigung.

Aus diesen Gedanken heraus, stellen sich mir Fragen:
- Wie stand es um meine Tante, die die Gnade suchte, nachdem ihre beiden Eltern gestorben gewesen waren?
- Wieso sträubt sich meine Seele dagegen die Gnade Gottes zu erhalten? Nach der obigen Betrachtung geht es nicht um Gottes Segen, sondern um die Willkür des Pfarrers und seines Empfindens.

Vorbei ist es in der Seele erst, wenn die Bedingungen neu verhandelt sind.
Vorbei ist es erst, sobald die Seele sich von damals gelöst hat und tatsächlich frei ist.
Vorbei ist es erst, wenn all die alten Verbindungen abgetrennt wurden, die bis heute bestehen und bis heute Willkür und sonderbare Bestrafungen im Leben als Folge haben.
Vorbei ist es erst, sobald alle damals verloren gegangenen Seelenanteile sich wieder bei dir im Heute eingefunden haben.

Es darf auch in deiner Seele einmal Ruhe einkehren.
Dein Weg darf die alten Schuhe wegwerfen und aus den hemmenden Mustern darf herausgetreten werden.

Es dürfen mit neuen Schuhen neue Muster im Leben beschritten werden.

Eingegangene Verträge, die vor dem Tod retteten, dürfen beendet und neu geschrieben werden.

Der Schlüssel der Wende ist herfür die bewusste Auseinandersetzung mit dem, was sich in deinem Leben so zeigt und was dir auffällt, welches dir unvermutet überraschend Steine in den Weg legt.

Du hast die Schlüssel in der Hand ein freies selbstbestimmtes Leben zu führen.

Die Fremdbestimmung aus längst vergangenen Zeiten kannst du selbst beenden.

Die Gnade als himmlischer Segen ist dir gewiss. Auf diese Art funktioniert es, dass die Gnade zu dir gelangt.

Alles Gute für dich.
Du bist die Meisterin, der Meister deines Weges.
co Michaela Aust

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