Vom verstimmt sein

Veröffentlicht am 16. April 2025 um 10:06

"Wir sind doch alle ein bisschen traumatisiert."
Wir sind verstimmt. Wir fühlen uns mit unserem Schmerz ganz alleine. Es tut so weh. Was tut so weh? So ganz konkret können wir es nicht sagen. Wir überlegen und finden irgendetwas, das schuld ist: Eine Person, ein Umstand, ein Ereignis, eine Beziehung. Wir wissen nur eines, dass es gerade eben nicht mehr stimmt. Die Atmosphäre ist anders geworden. Wir fühlen uns unwohl und möchten am liebsten weg gehen. Wir sind der Ansicht, dass der andere "gefälligst seine Koffer packen und weg gehen" soll. Schnell sind auch die Verursacher gefunden, warum es uns so geht: Schlecht. Wir schauen in das aktuelle Geschehen und Erleben hinein. Ja, es ist ein akut gespürtes Unwohlsein. Es ist eine alte Wunde, die wieder neu aufgerissen wurde und blutet. Kennst du das?

Traumata zu haben wird geheim gehalten.
Es darf keiner merken, hat einmal eine bekannte Psychoanalytikerin bemerkt. Keiner darf merken, dass wir verwundet sind. Wir tun so als ob alles gut wäre. Das gelingt uns. Das gelingt uns bis zu dem Tag, an dem das Verstecken und alleine mit uns ausmachen nicht mehr funktioniert. Das geht sogar noch über aktuelle Chaoskonstellationen hinaus. Wir merken nicht, dass es wir selbst sind, die hier die Hauptakteure sind. Warum? Weil wir zwar spüren, dass da etwas nicht stimmt und wir uns quälen. Wir meinen der Verursacher sei der aktuell anwesende Umstand, die Person, die aktuell das Pflaster der nie verheilten Wunde, berührt hatte. Das Pflaster war damals aufgeklebt worden, als die tatsächliche Verletzung geschehen war. Diese kann körperlicher Art gewesen sein. Sie kann ein emotionaler Schock gewesen sein und sie kann geistige Herabwürdigung und Verspottung gewesen sein. Alle hinterlassen Spuren im Nervensystem. Sobald ein Impuls zu uns kommt, der an die Ur-Wunde erinnert, sobald eine Person der Person in der Ur-Wunde ähnelt, an dem Zeitpunkt beginnen wir die Details durcheinanderzubringen und zu verwechseln.

Was dann entsteht, ist mitunter übel.
Es kommt zu Beschuldigungen, zu Rechtfertigungen, zu Ausschluss, zu Verabschiedung. Wem hilft dieses Vorgehen wirklich? Auf Dauer besehen niemanden. Für eine kurze Zeit mögen die Taktiken funktionieren einem anderen eine Krankheit nachzureden, ihn zu entlassen, sich zu trennen und ein Pflaster des "so tun als ob nichts geschehen gewesen wäre", aufzukleben.

Es spielt keine Rolle, um was es konkret geht.
Allen ist gemeinsam, dass es ein Organismus ist, in dem wir, jeder Einzelnen von uns, drinnen ist. Wenn wir da eliminieren und so tun als ob, dann passiert genau das, was wir in der heutigen praktizierten Medizin so normal finden: Wir operieren das Organ weg. Wir entfernen es. Wir geben ein neues hinzu, das ursprünglich in diesem Körper gar nicht vorgesehen ist, und wir tun so als ob nach einer gewissen Zeit alles wieder gut ist. Der Schmerz hat sich nach dem Schlafen in Luft aufgelöst, hoffen wir. Wir treiben Sport und meinen die geschmeidige Beweglichkeit käme damit zurück in die mit Säurekristallen angereicherten Gelenke. Wir fangen an zu vermeiden. Wir vermeiden die Person, wir vermeiden Orte, wir nehmen Abstand von allem, das uns ärgerlich, traurig oder ängstlich macht. Nie mehr wieder in so eine Lage kommen, meinen wir damit hervorzurufen.


Was ist, wenn all diese Strategien reine Illusion gewesen sind
und zu einem anderen Zeitpunkt uns all die oben genannten Themen wieder begegnen? Dann eliminieren wir wieder, wie wir es zuvor schon einmal vermeintlich erfolgreich praktiziert haben. Wir meinen im Rückblick damals erfolgreich gewesen zu sein. Ich stelle das in Frage. Wären die damaligen Trennungen und Verurteilungen tatsächlich hilfreich gewesen unseren Schmerz zu heilen, wieso begegnet er uns Jahre später schon wieder? Ich sage, weil es keine Heilung gegeben hatte. Grund sind die genannten Bewältigungsstrategien sind Schein-Lösungen. Es gibt eine scheinbare Heilung.


So gelange ich zum Klavier. Was wäre, wenn unser Körper ein Klavier wäre?
Wir spielen die ganze Palette der Tasten und sind glücklich und zufrieden. Dann kommt der Tag, an dem der erste Misston auftritt. Wir spielen weiter und denken es wäre eine Einbildung gewesen. Das war es leider nicht gewesen. Der Misston wird mit jedem Anschlag dieser einen Taste neu ausgelöst. Das Lied ist eine Belastung für die zuhörenden Ohren.


Wir können jetzt so tun als ob wir trotzdem das Klavier noch nutzen können.
Wir spielen Stücke, und nehmen einen anderen Ton oder wir spielen nur noch Stücke, in denen diese Taste gar nicht gebraucht wird. So gehen wir mit unseren traumatischen Schmerzen um. Aus dem Weg gehen, den Schwerpunkt auf etwas anderes legen. Für eine gewissen Zeit geht das auch gut. Wir meinen mit der Einschränkung leben zu können. Das gelingt uns recht gut, weil wir uns an den fehlenden Ton gewöhnt haben. Und dann passiert etwas Unvorhergesehenes. Ein völlig neues Lied kommt zu uns. Voller Freude sind wir hochkonzentriert auf die richtige Spielweise und haben die verstimmte Taste vergessen. Oh weh. Sie klingt schräg. Wir haben es jetzt ganz genau gehört. Wir stecken in einem Dilemma. Denn die vorherigen Strategien von einer anderen Taste mit einem ähnlichen Ton klingen hier nicht.

Es braucht den Ton dieser Taste.
Nach den eingangs erwähnten Vorgehensweisen gibt es jetzt die Option: Wir trennen uns vom Klavier. Mit unserem Körper gehen wir so um. Mit unseren Mitmenschen ebenso. Die Lösung scheint perfekt. Sie ist ein Schein, denn der Spass daran Klavier zu spielen ist somit vorbei.

Jetzt braucht es neue Überlegungen. Wie soll es weiter gehen?

Wir haben die Idee von einer Reparatur. Diese setzt voraus zuzugeben, dass etwas einer Reparatur bedarf. Im realen Leben eine Beziehung zu reparieren geht auch. Ich muss zugeben, dass das etwas aufwändiger ist und herausfordernder, weil das Klavier stumm ist und der andere Mensch ebenso Gefühle hat, ebenso Schmerzen und Traumata, wie wir selbst. Und selbst hier hilft es anzuerkennen, dass einer oder sogar beide an einer traumatischen Wunde erneut verletzt und stimuliert wurden, was sehr sehr weh tut. Es hilft hier zuzugeben, dass die aktuelle Erfahrung eine Wiederholung ist von früheren Erfahrungen, die wie oben beschrieben, gemeint erfolgreich gelöst worden waren. Stimmt das wirklich? Wieso gibt es dann immer noch die gleichen Muster beim Auftreten des erneut stimulierten traumatischen Schmerzes? ich bitte dich ehrlich zu dir zu sein und ich bitte dich nachzudenken, bevor du schnell entgegensetzt: Stimmt nicht.

Menschliche Beziehungen gleichen einem Organismus.
In unseren Körpern können wir auch nicht alles herausschneiden, was gerade schmerzt und nicht mehr richtig funktioniert. Wieso tun wir das bei unseren Beziehungen als die Ultralösung hinstellen? Weil wir verzweifelt sind und uns im Kreis drehen. Wir können in der wiederbelebten Wunde des traumatischen Schmerzes nicht mehr klar denken. Aber zugeben, das tun wir nicht, dass dem so ist. Dann wären wir ja hilflos, meinen wir. Ich sage dir: Zuzugeben, was ist, ist der Schalter, der den Weg zur Lösung befreit, der die Tür öffnet für Hilfe zu suchen, zu finden und anzunehmen. Zuzugeben, dass es bei uns selbst weh tut und vielleicht verhakt ist, hilft aufzuhören anderen Schuld zu geben und sie in kranken Bezeichnungen zu verurteilen.


Wir selbst wollen gehört, gesehen und betütelt werden.
Wir werden das auch von unserem Schöpfer. Das geschieht, auch wenn wir es nicht spüren und bemerken. Wir bekommen x Chancen vom Universum, von den Urkräften. Und was tun wir? Wir verurteilen, wir beurteilen und weisen zurück. Wir suchen Zustimmung, wie schlimm der oder das andere ist. Hilft uns das wirklich aus der Misere auszusteigen? Nein. Uns hilft es, den anderen so zu lassen wie er ist und uns der Heilung zuzuführen. Es hilft darauf zu vertrauen, dass das Universum sich ebenso um die "Bösen da draußen" kümmert. Wir haben es doch alle verdient geliebt zu sein, oder nicht? Wer sagt denn, dass du es bist, die dies tun musst?


In meinem Leben hat sich gezeigt,
dass wenn ich mich ganz mir selbst und meiner Heilung zugewandt habe und dem Schöpfer, Gott, Spirit ... überlassen habe, dass sich nach einer gewissen Zeit meine Energie verändert hat. Mit jedem Tag, mt jeder Woche, wurde es besser mich darauf zu verlassen, dass das Universum sich darum kümmert, wozu meine Macht nicht reichte. Ich habe aufgehört übermächtig zu sein und übergriffig andere zu beschimpfen. Ich habe mich auf das konzentriert, wohin ich möchte, was mir viel wichtiger ist als irgendwelche Grabenkrämpfe weiterzuführen. Ich hörte auf gegen die anderen zu kämpfen. Ich setzte meine Energie für meinen Weg ein. Den Rest überließ ich Gott, den Engeln, dem Schöpfer. Es funktioniert. Glaubst du mir, oder glaubst du mir nicht? Es funktioniert trotzdem dem Schöpfer die Regie zu überlassen und ihm das anzuvertrauen, was uns so sehr gedemütigt und verletzt hatte. Damit wird unser "Klavier" wieder neu eingestimmt und die Ur-Wunde kann jetzt tatsächlich heilen. Und das Allerschönste ist: Wir sind nicht alleine. Wir sind in guter Begleitung.

Die Realität folgt dem Prozess.

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